Es gibt in Nordkorea jede Menge an Bodenschätzen, darunter Gold und Silber

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Nordkorea sitzt auf einem riesigen Topf Gold
Gold, Silber und seltene Erden: An Bodenschätzen ist Nordkorea reich. Hinzu kommt die Nähe zu China. „Nordkorea könnte der nächste asiatische Tiger sein“, sagt Nordkorea-Experte Rüdiger Frank. Doch Kim Jong Un fehlt der Mut.
makro: Sie nennen die Wirtschaft Nordkoreas einen „ungeschliffenen Diamanten“. Was funkelt denn da so?

RF: Da funkelt überraschend viel. Es gibt in Nordkorea jede Menge an Bodenschätzen, darunter Gold, Silber, Eisenerz, Molybdän, Magnesit, Steinkohle in höchster Qualität – das Ganze in durchaus reichlich verfügbaren Mengen. Im letzten Jahr hat die Firma SRE Minerals in Nordkorea seltene Erden entdeckt, und zwar in doppeltem Umfang dessen, was bisher weltweit bekannt gewesen ist. Alleine die Bodenschätze sind ein enormes Potential – wir reden hier von Billionen von

Dollars. Mit der bisher fehlenden nötigen Infrastruktur und Technologie sind da enorme Einnahmen möglich.

Darüber hinaus hat Nordkorea ein funktionierendes Staatswesen und disziplinierte Arbeitskräfte. Das ist die Konsequenz von Repression, da gibt es nichts zu beschönigen. Doch auch Südkorea hat als Entwicklungsdiktatur begonnen, und hat dann den friedlichen Wandel zur Demokratie geschafft. Die Menschen sind gut organisiert und in einem elfjährigen Pflichtschulsystem vergleichsweise hoch gebildet. Die Bildung umfasst nicht nur Ideologie, sondern auch ganz pragmatische Fächer wie Mathematik, Physik, Chemie, Informatik und so weiter. Das ist durchaus hilfreich, wenn man sich vorbereiten möchte auf einen wirtschaftlichen Aufschwung. Und nicht zuletzt sollte man nicht vergessen, Nordkorea hat 1400 Kilometer Landgrenze mit China, da würden manche Wirtschaftsnationen viel dafür geben. Ich muss Ihnen ja nicht die Bedeutung Chinas erläutern als einer der dynamischsten Märkte weltweit.

Wenn Sie all das zusammen nehmen, dann sehen Sie, dass Nordkorea eigentlich auf einem riesigen Topf von Gold sitzt. Es müssen „nur“ die richtigen politischen Entscheidungen getroffen werden, um diesen Schatz zu heben. Das ist sicher leichter gesagt als getan, aber: dann wird Nordkorea der nächste asiatische Tiger.

makro: Das ist natürlich eine sehr gewagte Prognose, dass es wirklich ein asiatischer Tiger wird. Zunächst ist das Land ja erst mal auf der Suche nach Geschäftspartnern, auch hier in Europa, in Deutschland. Ist Nordkorea überhaupt als Geschäftspartner ernst zu nehmen?

RF: Naja, sie arbeiten dran. Es ist sicher so, dass die Erfahrungen von Investoren und Geschäftspartnern oft sehr negativ sind. Mangelnde Erfahrung, überzogene Erwartungen und auch mangelnde Kooperationsbereitschaft bei den nordkoreanischen Partnern kommen da zusammen. Oft gilt der Ausländer einfach als die sprichwörtliche Kuh, die bei jeder Gelegenheit kräftig zu melken ist, ohne Rücksicht auf langfristige Beziehungen. Man zieht den mageren Spatz in der Hand oft noch der fetten Taube auf dem Dach vor. Das macht angesichts der politischen Verhältnisse Sinn, ist aber wirtschaftlich dumm.

Aber ein Lernprozess hat erkennbar eingesetzt. Vor allem die Chinesen sind da der Lehrmeister. Die nordkoreanische Führung selbst ist auch interessiert daran, dass ihre Manager, ihre Führungskräfte internationale Standards des Geschäftsgebarens erlernen. Seit Jahren, und übrigens auch mit deutscher Unterstützung, finden im In- und Ausland zunehmend spezialisierte Schulungsprogramme statt. Ich habe vor knapp zehn Jahren zum Thema Inflationsbekämpfung gesprochen, so etwas wollen die heute nicht mehr hören. Das Interesse ist viel spezifischer geworden, da geht es um Details der Kreditfinanzierung oder um Buchführung, Steuerrecht und so weiter.

Zugegeben, ich würde im Augenblick mein Geld noch nicht nach Nordkorea schaffen, da gibt es einfachere Investitionsstandorte. Aber der Lernprozess hat eingesetzt und ich denke, er wird auch erfolgreich sein. Denn am Ende sind es Koreaner. Und wenn man sich den südkoreanischen Erfolg ansieht: Die Quellen dieses Erfolges finden Sie in Nordkorea eigentlich genauso. Deswegen gibt es auch keinen Grund anzunehmen, dass die Nordkoreaner dieses südkoreanische Wirtschaftswunder nicht auch wiederholen können.

makro: Sie sprachen vom potentiellen neuen asiatischen Tiger, dafür müsste aber doch erst die Kim-Dynastie das Feld räumen.

RF: Nein, warum? Kein Land der Welt und erst recht nicht in der Region hat den Schritt aus der Unterentwicklung heraus als lupenreine Demokratie begonnen. Japan nicht, Südkorea nicht, Taiwan nicht, und China auch nicht. Nein, die Beseitigung der Kim-Dynastie ist keine notwendige Voraussetzung, aber ein Gesinnungswandel bei Kim Jong-un ist es auf jeden Fall. Er muss den Schritt zur Privatisierung wagen, den Staat vom detailbesessenen Mikromanager zum strategisch denkenden Steuerer umbauen, und das Land weiter öffnen. Das ist politisch riskant, aber letztlich unumgänglich. Und es ist sogar möglich, ohne in kürzester Zeit politischen Suizid zu begehen, wie China gezeigt hat. Kim Jong-un ist offenkundig jemand, der das Führen mag, kein Verwalter wie sein Vater. Ich traue ihm den Reformer zu.

makro: Können wir irgendwann in Deutschland Produkte kaufen mit dem Label „hergestellt in Nordkorea“?

RF: Irgendwann sicher. In Schweden hat das die Firma NoKo-Jeans versucht und ist an der öffentlichen Meinung gescheitert. Vorerst können wir uns also eher auf nordkoreanische Produkte unter anderem Label einstellen. Ich habe in Pyongyang schon vor Jahren Näherinnen zugesehen, die Anzüge „Made in Italy“ gefertigt haben. In einem Kabelwerk wurden in einer Nische Computerkabel produziert, wie sie auch in unseren Elektronikmärkten hängen. Und in Rason im September dieses Jahres habe ich die Produktion von Skianzügen „Made in China“ beobachtet; die gingen nach Südkorea, wie mir der Manager sehr freimütig mitteilte.

Quelle: http://www.3sat.de/page/?source=%2Fboerse%2Fhintergrund%2F179766%2Findex.html