Die Betreiber der Tankstellen an der Mühlbergstraße schlagen Alarm: Es vergehe fast kein Tag, an dem sie nicht bestohlen oder vorwiegend Mitarbeiterinnen belästigt würden. In der Regel würden in der Erstaufnahmestelle untergebrachte Asylbewerber die Taten verüben. Die Jet-Tankstelle bedient ihre Kunden ab 20.30 Uhr deshalb nur noch über den Autoschalter, damit die Mitarbeiter geschützt sind. Mitarbeiterinnen der Eco-Tankstelle drohen ihrem Chef mit der Kündigung. Der Leiter der Erstaufnahmestelle möchte das Gespräch mit den Betreibern der Tankstellen suchen.
Mittwoch vor einer Woche, gegen 21 Uhr: Zwei Männer betreten den Verkaufsraum der
Eco-Tankstelle an der Mühlbergstraße. Doresa Muharemi hat erst vor wenigen Wochen ihre Ausbildung angefangen. Sie steht an diesem Abend hinter der Theke, als einer der beiden Männer nach Zigarettenpapier fragt. „Das Papier ist hinter mir. Ich musste mich umdrehen und habe gemerkt, dass der Mann mich ablenken möchte.“ Während des Gesprächs reißt ein anderer Mann die Preisschilder ab und eine Wodkaflasche aus dem Regal. Der andere Mann möchte der Auszubildenden die Hand geben. Als sie ihm die Hand entgegenstreckt, zieht er sie über die Verkaufstheke und küsst ihre Hand. Eine klare Grenzüberschreitung. Doresa Muharemi ruft die Polizei. Eine Kundin bleibt bei ihr, bis die Beamten da sind.
Der Chef von Doresa Muharemi ist außer sich. Kaum ein Tag vergehe zurzeit, an dem in seiner Tankstelle nicht etwas gestohlen werde. „So schlimm wie in letzter Zeit war es noch nie“, sagt Mehmet Nisanci. Dass er andauernd bestohlen wird ist das eine, dass Mitarbeiterinnen Angst haben das andere. „Sie weinen und wollen nicht mehr zur Arbeit kommen.“ Wenn sich nichts ändert, wird Nisanci die Tankstelle bereits um 21 Uhr oder noch früher schließen. Dadurch verliert er Kunden und Umsatz. Um dies zu verhindern, fordert er Hilfe. Einen eigenen Sicherheitsdienst will und kann er sich nicht leisten. Die Sicherheitsleute der Erstaufnahmestelle sollen an der Mühlbergstraße auf und ab gehen, fordert er. „Der Staat muss uns helfen und darf nicht nur Steuern kassieren.“
Wolfgang Rösner, Betreiber der benachbarten Jet-Tankstelle, hat einen ähnlichen Vorschlag:
„Die Polizei soll mit Pferden zwischen der Innenstadt und der Erstaufnahmestelle Präsenz zeigen, das macht mehr her wie ein Streifenwagen und schreckt vor allem ab.“ In seiner Tankstelle haben die Diebstähle in den vergangenen Wochen wieder zugenommen. Schon im vergangenen Jahr sei es extrem gewesen. Rösner beziffert den durch Diebstahl entstandenen Schaden auf rund 2500 Euro. Im Gegensatz zu seinem Kollegen von der Eco-Tankstelle hat er bereits Konsequenzen gezogen. Zum Schutz der Mitarbeiter müssen Autofahrer ab 20.30 Uhr am Autoschalter bezahlen und dürfen das Geschäft nicht mehr betreten. Das ist schlecht für die Langfinger aber auch schlecht fürs Geschäft. Rösner zeigt wie sein Kollege Nisanci jeden Diebstahl an – „den Staatsapparat nehme ich gerne in Anspruch“. Er selbst bringt die Einnahmen nicht mehr zu Fuß, sondern mit dem Auto zur Landesbank auf der benachbarten Straßenseite. Der Grund: Als er durch den Fußgängertunnel ging, sei er zig mal noch Zigaretten gefragt und zweimal berührt worden.
Doresa Muharemi, die meistens die Spätschicht in der Eco-Tankstelle übernimmt, hat seit dem Zwischenfall ein ungutes Gefühl, wenn sie zum Arbeiten geht. Doch nicht nur das. „Ich kann nicht mal mehr in die Stadt, weil ich von den Männern dort auch schon angesprochen worden bin.“ Quelle: schwäbische Zeitung