Nicht nur Reinhard Mey ermahnt dazu, auch auf vielen Internetseiten, Zeitungen, Zeitzeugen, ja sogar Filme dienen dazu uns zu warnen. Sei wachsam… Wachsein ist alles.Sei wach bei allem, was du tust! Glaub nicht, daß du’s schon bist. Nein, du schläfst und träumst.Stell dich fest hin, raff dich zusammen und zwing dich einen einzigen Augenblick nur zu dem körperdurchrieselnden Gefühl: »Jetzt bin ich wach!«Gelingt es dir, das zu empfinden, so erkennst du auch zugleich, daß der Zustand, in dem du dich soeben noch befunden hast,
dagegen wie Betäubung und Schlaftrunkenheit erscheint.Das ist der erste zögernde Schritt zu einer langen, langen Wanderung von Knechttum zur Allmacht.Auf diese Art gehí vorwärts von Aufwachen zu Aufwachen.Es gibt keinen quälenden Gedanken, den du damit nicht bannen könntest; er bleibt zurück und kann nicht mehr zu dir empor; du reckst dich über ihn, so wie die Krone eines Baumes über die dürren Äste hinauswächst.Die Schmerzen fallen von dir ab wie welkes Laub, wenn du einmal so weit bist, daß jenes Wachsein auch deinen Körper ergreift.Die eiskalten Tauchbäder der Juden und Brahmanen, die Nachtwachen der Jünger Buddha’s und der christlichen Asketen, die Foltern der indischen Fakire, um nicht einzuschlafen, – sie alle sind nichts anderes als erstarrte äußerliche Riten, die wie Säulentrümmer dem Suchenden verraten: Hier hat in grauer Vorzeit ein geheimnisvoller Tempel des Erwachenwollens gestanden. (…)
Auf dem Wege zum Erwachen wird der erste Feind, der sich dir entgegenstellt, dein eigener Körper sein. Bis zum ersten Hahnenschrei wird er mit dir kämpfen; erblickst du aber den Tag des ewigen Wachseins, der dich fernrückt von den Nachtwandlern, die da glauben, sie seien Menschen, und nicht wissen, daß die schlafende Götter sind, dann verschwindet für dich auch der Schlaf des Körpers und das Weltall ist dir untertan. (…)
Auszug aus „Das grüne Gesicht„