Strafbescheid wegen Verlangen von Deutschkenntnissen

Es wird immer doller: Eine Grazer Tankstellenpächterin hatte per Inserat personelle Verstärkung gesucht. Die Unternehmerin erhielt stattdessen jedoch einen Strafbescheid, weil sie für Job “Deutschkenntnisse” verlangte. Cathrin Rohrbacher versteht die Welt nicht mehr. Die Grazer Tankstellenpächterin hatte per Inserat personelle Verstärkung gesucht. “Tankstellenmitarbeiter/in mit ausgezeichneten Deutschkenntnissen und Auto” hieß es in der Stellenanzeige.

Statt Bewerbungen bekam sie vier Monate später ein Schreiben des Magistrat Graz, Referat für Strafen. Rohrbacher habe “gegen das normierte Gebot der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung verstoßen”, heißt es in dem Bescheid mit Verweis auf die Paragrafen 23 und 24 des Gleichbehandlungsgesetzes.

Der Vorwurf: Die geforderte Sprachkompetenz sei für die konkrete Stelle “überzogen und unangemessen hoch”. Dadurch würden Bewerber mit nicht-deutscher Muttersprache unter Umständen ausgeschlossen werden. “Und das ist seit 2004 verboten“, mahnt Eva Lang, Leiterin der zuständigen Abteilung in der dem Bundeskanzleramt unterstellten Gleichbehandlungsanwaltschaft, gegenüber der Kleinen Zeitung.
Gesetzlicher Graubereich

“Wir haben strenge technische, hygienische und allgemeine Sicherheitsvorschriften”, kontert Rohrbacher und verweist auf eine Ringmappe mit 200 Seiten: “Die muss man verstehen, sonst gefährdet man im Umgang mit Öl, Treib- und Schmierstoffen nicht nur sein eigenes, sondern auch fremdes Leben.” Mit Ausländerfeindlichkeit habe das nichts zu tun.

Bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft gibt man zwar zu, dass es ein gesetzlicher Graubereich ist, weil sowohl in Österreich als auch in den EU-Richtlinien “Diskriminierung aufgrund ethnischer Zugehörigkeit” nicht konkreter definiert wird. Es gehe aber um das indirekte Signal der Formulierung. Gerade bei Reinigungskräften oder im Gastronomiebereich seien in Inseraten Forderungen wie “einheimisch” oder “(sehr) gute Deutschkenntnisse” zwar verbreitet, aber problematisch, wenn sie in keiner Verhältnismäßigkeit zur Tätigkeit stehen. So sei es irrelevant, welche Staatsbürgerschaft eine Küchenhilfe oder Verkäuferin habe, sofern sie ihre Arbeit erfülle.

“Zur grundlegenden Verständigung notwendige Sprachkenntnisse sind ausreichend, eine perfekte Grammatik und ein überdurchschnittlicher Wortschatz sind aber in den meisten Fällen nicht zu verlangen”, schränkt Lang ein. Ihr Rat: Statt restriktiver Vorgaben in Stellenausschreibungen offene Formulierungen wie “Sprachenkenntnisse erwünscht” oder “von Vorteil”.
Zehn Prozent strafbar

In einer österreichweiten “Aktion scharf” habe man im Februar Inserate unter anderem auf diese Vorgaben durchkämmt. Zehn Prozent haben aus ethnischen Gründen nicht entsprochen. Statt der sonst üblichen Information mit Foldern hat es Anzeigen gegeben. Im Fall von Rohrbacher scheint der Magistrat Graz aber ohnehin seltsam unschlüssig. “Da Ihr Verschulden jedoch geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind”, heißt es, sehe man von einer Strafe ab und belasse es bei einer Ermahnung. Das Strafhöchstmaß liegt im Wiederholungsfall bei 360 Euro, durchschnittlich werden zwischen 25 und 70 Euro verhängt, bei professionellen Personalvermittlungsfirmen bis zu 100 Euro.